»Lasst uns, wie die Soldaten von Waterloo, unser Jahrhundert des Friedens und Wohlstands haben, denn wir haben mit Blut dafür bezahlt.«
– Durch das Große Feuer, Alice Winn, Seite 487, The Preshutian, LM Grimsey*
Klappentext:
England, 1914: Für die englischen Eliteschüler Henry Gaunt und Sidney Ellwood ist der Erste Weltkrieg noch sehr weit weg. Nur über die wöchentlichen Meldungen in ihrer Schülerzeitung erfahren sie von den jungen Männern, die im Kampf an der Front ihr Leben lassen, und feiern sie als Helden. Doch Gaunt ist viel mehr beschäftigt mit der unterdrückten Anziehung, die er für seinen charmanten Freund Ellwood empfindet, ohne zu ahnen, dass auch dieser Gefühle für ihn hegt. Als sich die beiden schließlich nacheinander bei der britischen Armee melden, holt die Realität des Krieges sie schnell ein – und verändert das Leben und die Freundschaft der beiden Männer auf unvorhersehbare Weise.
Gaunt und Ellwood gehen auf das gleiche Internat, als der Krieg losbricht. Und beide haben versprochen, ihre Zeit an der Schule erst zu Ende zu bringen, ehe sie sich für den Krieg melden. Doch Gaunts Mutter besteht darauf, dass er seiner Familie Ehre macht und sich freiwillig für die Britische Armee meldet – gerade weil seine Familie Deutsche Wurzeln hat. Also geht er an die Front.
Euphorisch und vom Krieg für den Erhalt des Vaterlandes überzeugt, folgt Ellwood ihm ein Jahr später, als er hört, dass Gaunt verwundet wurde. Für beide beginnen Monate und Jahre der Angst, des Schreckens und des Hasses. Allein ihre Beziehung scheint eine Weile die einzige Möglichkeit, sich gegeneinander aufzurichten. Und sich seiner Gefühle bewusst zu werden.
Wie sehr ein Krieg und die ständige Angst vor Verlust einen Menschen jedoch verändern kann, wird ihnen erst Jahre später bewusst.
Der Erzählstil hat mir gut gefallen, mit den kurzen und langen Episoden – wenn beispielsweise zu Beginn sehr häufig kleine Geschichten eingestreut werden, die in der Vergangenheit liegen und die Figuren näher bringen. Auch die Artikel aus der Schülerzeitung und die Briefe fand ich hervorragend geeignet, die Geschichte direkt an den Leser heranzutragen. Es gibt der ganzen Handlung etwas Persönliches und Nahes.
Außerhalb dieser Briefe ist der Stil teils trocken, geradezu distanziert und überträgt sich nur über die Beschreibung der Szenarien. Und diese sind gerade was das Geschehen direkt im Schützengraben oder dazwischen angeht, nicht zimperlich.
Mir gefielen die Figurenentwicklungen der Hauptfiguren. Wie die einen wenig vom Krieg halten, während sich die anderen euphorisch dafür aussprechen und am Ende doch alle zum Schatten werden, und sich ins Leben zurückkämpfen müssen, ist erschreckend und faszinieren zugleich.
Anfangs empfand ich Gaunt und Ellwood als etwas nervig, aber je mehr man von ihnen liest desto mehr wachsen sie einem ans Herz und je weiter der Krieg und die Beschreibungen dessen voranschreiten desto mehr sehnt man sich nach den ruhigen Episoden, in denen gewitzelt und über Liebe und Gedichte schwadroniert wird.
Manchmal kam es mir vor, als wurde mit dem Thema gleichgeschlechtlicher Liebe etwas zu offen umgegangen, in einer Zeit, in der man eigentlich nicht mit dem Thema offen umging. Aber das könnte auch nur ein persönliches Ansinnen sein.
Generell sollte man sich jedoch nicht all zu sehr an Figuren gewöhnen, denn die Autorin geht nicht zimperlich mit ihnen um. Häufig lernt man sie kennen und verliert sie wieder – nichts als ein Name.
Und das beschreibt es recht gut.
Ein Ereignis das in Erinnerung bleiben sollte, auch wenn Namen über die Zeit verloren gehen.
Mir hat das Buch sehr gefallen und ich spreche gerne eine Leseempfehlung aus.
*Durch das große Feuer, Alice Winn, Julia Eisele Verlags GmbH 2023 Übersetzer: Ursula Wulfekamp, Benjamin Mildner,
ISBN: 978-3-96161-160-7
Original: „In Memoriam“ bei Knopf 2023