»Also, das ist doch … «
– Anna, Seite 263, Die Sternenbucht, Lorna Cook*
Klappentext:
Zwei Frauen. Zwei Jahrhunderte. Ein Dorf, in dem die Zeit stillsteht.
1943: Der Krieg steht vor den Toren Englands. Nur mit dem Allernötigsten im Gepäck verlässt die junge Lady Veronica das edle Anwesen an der malerischen Südküste, das für sie immer mit ihrer großen Liebe verbunden sein wird. Die britische Armee braucht das Gebäude als Stützpunkt. Doch Veronica weiß, dass sie auch nach Ende des Krieges niemals zurückkehren wird. Denn das Haus birgt nicht nur glückliche Erinnerungen …
2018: Im Sommerurlaub an der englischen Küste entdeckt Melissa die Fotografie einer geheimnisvollen Frau. Gemeinsam mit dem attraktiven Journalisten Guy versucht sie, mehr über sie herauszufinden. Immer tiefer taucht sie in ihre Vergangenheit ein – nicht ahnend, dass dort ein Geheimnis begraben liegt, das auch ihr eigenes Leben für immer verändern wird …
Melissa ist mir ihrem Freund im Urlaub. Eigentlich wollte sie die Zeit nutzen, um die Beziehung wieder aufleben zu lassen, hat sie doch das Gefühl, dass sie sich entfremden. Doch Liam verbringt die Zeit lieber im Meer auf seinem Surfbrett, anstatt mit ihr gemeinsam. Melissa begibt sich daher in einem spontanen Gedanken in das Museumsdorf Tyneham. Neu eröffnet es seit der Beschlagnahme durch die Armee im 2. Weltkrieg der Öffentlichkeit Tür und Tor.
Dabei lernt sie den Historiker Guy kennen, mit dem sie gemeinsam das Geheimnis um die seltsame Frau lüften möchte, welche auf dem scheinbar einzigen Bild verängstigt in die Kamera blickt, einen Mann an ihrer Seite, der sie fest umklammert. Melissa ist von dem Bild sofort fasziniert und sie möchte herausfinden, was mit der jungen Frau passiert ist. Doch von ihr fehlen scheinbar alle Informationen.
Melissa und Guy sind sich sicher, dass die ehemaligen Bewohner mehr wissen, als sie zugeben wollen.
Die parallel verlaufenden Handlungsstränge von Melissa und Lady Veronica haben mir sehr gut gefallen. Sie sind jeder für sich spannend, ergänzen sich inhaltlich und bauen gegenseitig aufeinander auf. So erfährt man nie zu viel aber immer genug, um Informationen verknüpfen zu können. Die Handlung wirkt im Allgemeinen logisch und gut durchdacht.
Im Gegensatz zu den Passagen in der Vergangenheit wird die Gegenwartsgeschichte hin und wieder arg dominant und als Leser habe ich mich dabei erwischt, wie ich gerne mehr zu der Vergangenheitsgeschichte erfahren hätte. Man spürt, dass hier neben den historischen Fakten auch viel Fiktion der Autorin – wie in den Anmerkungen der Autorin auch geschildert – eingeflossen ist.
Dadurch ist es der Autorin aber gelungen, vielschichtige und sympathische Figuren zu gestaltet. Selbst die Hand voll Nebenfiguren fühlen sich sehr lebendig an und führen den Leser durch die sensiblen Themen.
Schön zu lesen, waren die beiden Liebesgeschichten – ob nun in den 1943er Jahren oder auch im Jahr 2018 – auf jeden Fall. Man konnte mit beiden Frauen wunderbar mitfühlen. In den Zeilen steckt viel Gefühl. Wenngleich dadurch das Mystische an der Suche nach der Wahrheit der Vergangenheit teils hinten runter rutscht.
Am Ende lässt einen das Buch auf jeden Fall nachdenklich zurück. Das Ende und der Twist kamen allerdings für mich nicht sonderlich überraschend, verrät einem das Buch dahingehend schon viel und stößt ziemlich eindeutig mit der Nase darauf.
Der Schreibstil und die Übersetzung sind leicht und lassen sich schnell und flüssig hintereinander weglesen. Für einen historischen Roman wird mit erstaunlich wenigen Fakten um sich geworfen. So wird nicht viel vom Leser erfordert und es lässt sich leicht nebenbei, in der Urlaubszeit oder auf einer längeren Zugfahrt lesen.
Die Sternenbucht weiß zu unterhalten. Die beiden Handlungsstränge und die Umsetzung der sensiblen Themen der Enteignung und von verbaler und körperlicher Gewalt haben mir gut gefallen. Den Zeilen entspringt viel Gefühl, hält den Leser aber dennoch auf Distanz.
Die Liebesgeschichten sind sehr schön und gefühlvoll geschrieben, überspannen aber den mysteriösen Charakter der Suche nach der Wahrheit.
Mit seinen kurzen Kapiteln ist das Buch eine Leseempfehlung für unterwegs und die Urlaubszeit.
*Die Sternenbucht, Copyright by Lorna Cook, 2019, Deutsche Erstausgabe 2021, Penguin Verlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe,
Englische Originalausgabe erschienen 2019 unter dem Titel The Forgotten Village bei Avon