Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten / Einladung zum Klassentreffen – Martin Schörle

Cover Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten

»Nur gegen uns darf man Vorurteile pflegen, die längst widerlegt sind. Da sind sich mal alle einig. Zum Beispiel, dass wir unter Kommunikations- und Ekstasegesichtspunkten allenfalls mit Goldfischen konkurrieren könnten. Und ich Sag Ihnen was: Erstmal sind Goldfische ganz zauberhafte Tiere, die man steuerfrei und ohne Gefährdung der Öffentlichkeit halten kann; sie beschmutzen nicht die Bürgersteige.«

– Hans Fredenbek, »Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten, Seite 39 von 158  

Klappentext:
Der kabaretteske Monolog »Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten« beschert dem geneigten Leser Einblicke in das Leben des Vollblutverwaltungsgenies Hans Fredenbek, der sich in seinem ganz eigenen Gedankengewirr aus Aktenzeichen, Dienstverordnungen, statistischen Erhebungen zusehends verheddert. Es wird deutlich, dass er sich von dem Leben jenseits seines Büros nahezu völlig verabschiedet hat. Vor allem aber wird schonungslos aufgedeckt, dass es zwischen Slapstick und Tragik eine Nahtstelle gibt. Und dass diese Nahtstelle einen Namen hat. Und dass dieser Name Hans Fredenbek ist. Mit einer Lesung aus seinem Stück war Schörle 2008 beim Autorenwettbewerb »Perlen vor die Säue« im Literaturhaus Hamburg erfolgreich (2. Platz von acht Finalteilnehmern aus insgesamt rund 100 eingereichten Beiträgen). Das Stück wurde außerdem im Rahmen der »Hamburger Theaternacht« als offizieller Beitrag des Hamburger Sprechwerks von »Caveman« Erik Schäffler auszugsweise gelesen. – »Einladung zum Klassentreffen« In ihrer Schulzeit hatten Marina und Carsten eine Liebesbeziehung. Nach 20 Jahren soll ein Klassentreffen stattfinden. So meldet sich Carsten, einer der Initiatoren, auch bei Marina, deren Leben nach Schicksalsschlägen zeitweilig aus den Fugen geraten war. Die gemeinsame innige Zeit ist für sie längst Vergangenheit, ein Früher. Aber an Carstens Gefühlen hat sich anscheinend nichts geändert. Sein Anruf weckt auch bei Marina Erinnerungen. Das unverfänglich begonnene Telefonat führt beide in ein Wechselbad der Gefühle … Inhaltlich eine Liebesgeschichte wagt das Stück den Spagat zwischen Komik & Tragik, Lachen & Weinen. »Einladung zum Klassentreffen« wurde vom Publikum beim Wettbewerb »Stücke Schießen – Neue Dramatik. Neue Autoren. Neue Theatertexte« der Theaterliga zum Gewinnertext gekürt und erreichte bei der Spielplanwahl 2012/2013 des Thalia Theaters Hamburg den 8. Platz.



Inhaltsangabe:

Im Grunde fasst der Klappentext die wichtigsten Eckpunkte bereits zusammen. Wir erfahren in „Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten“ wie sich Hans Fredenbek alle möglichen Gedanken über seinen Job macht. Dabei wird bereits in den ersten Zeilen klar: Der Gute lebt hauptsächlich nur noch für seinen Beruf. Dabei werden sowohl Dienstvorschriften als auch private und gesellschaftskritische Probleme angesprochen und Vorurteile und Kollegen aufs Korn genommen.

In „Einladung zum Klassentreffen“ verfolgen wir ein Telefonat zwischen Marina und Carsten, die sich seit Jahren nicht mehr gesehen haben und lauschen ebenso wie andere neugierige Zugpassagiere den Geschehnissen, seit sich die beiden das letzte Mal gesehen haben. Dabei werden sowohl alte Gefühle angesprochen, als auch neue angeheizt.


Meinung:

 Es war sehr erfrischend mal etwas Anderes zu lesen und da ich durchaus gerne im Theater bin und mich dort „berieseln“ lasse, ist der Griff zu einem Theaterstück vielleicht nicht der geläufigste, aber durchaus eine interessante Richtung.

»Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten« fiel mir anfangs etwas schwer. An der einen oder anderen Stelle machten Schachtelsätze das Lesen nicht gerade einfach. Das führte dazu, dass ich manche Sätze mehrmals lesen musste, um den vollen Sinn zu verstehen. Dadurch zieht sich gerade der Anfang ziemlich in die Länge. Allerdings repräsentiert es auch Fredenbek als Charakter, der sich um alles Unnötige viel zu viele Gedanken macht und auch vom 100ersten ins 1000ste kommt.

Wenn man sich die Zeit jedoch nimmt und sich in den Text eingelesen hat, macht es durchaus Spaß Fredenbeks Gedankensprüngen und seinen Vorstellungen zu folgen. Es ist ebenso verstörend, wie und worüber er sich Gedanken macht, wie auch witzig und interessant. Das Stück ließ mich auf jeden Fall das eine oder andere Mal schmunzeln.

»Einladung zum Klassentreffen« ist in Dialogform gehalten und bietet einen erfrischenden Kontrast zum ersten Stück und den Monologen von Fredenbek. Nach und nach erfahren wir mehr über die Vergangenheit und das Erlebte der beiden Figuren und das Stück ist sowohl traurig als auch witzig. Wirklich mitreißen, konnte es mich nicht, aber zum Nachdenken hat es mich auf jeden Fall gebracht.

Gut geschrieben sind beide Texte, mit viel Wortgewandtheit und charaktergetreu. Man merkt, dass sich der Autor hier viele Gedanken gemacht hat, gerade bei Wortwahl und Themen, die angesprochen werden.

Die Zusammensetzung zwischen einem Monolog über Bürotätigkeiten auf der einen Seite und einer witzigen Liebestragik auf der anderen Seite finde ich ebenso gut gewählt. Es ergänzt sich gut.


Fazit: Warum nicht mal etwas anderes versuchen? Es lohnt!   

Ein Theaterstück zu lesen, ist auf jeden Fall nochmal etwas völlig anderes, anstatt es auf der Bühne zu präsentieren, oder es aus dem Publikum heraus mitzuverfolgen.

Leider liest es sich anfangs etwas zäh und durch die vielen schachteligen Sätze war es schwer, dem zu folgen. Ich mag aber den Schreibstil sehr und auch die Idee dahinter und den Mut, sich an ein Theaterstück zu setzen. In nur wenig Text eine Botschaft zu übertragen, ist nicht leicht, aber vor allem mit dem zweiten Stück sehr gut gelungen und auch das Ende des ersten Stücks fand ich witzig und rückt den restlichen Monolog nochmal in ein anderes Licht.

Der Text bietet für mich auf jeden Fall eine gute Grundlage für ein witziges Stück Bühnenkunst und was ein Theaterstück meiner Meinung nach machen sollte, wurde erreicht: nach dem Schluss über Bedeutung und Handlung nachdenken.

Ich finde, es lohnt sich, mal etwas anderes zu versuchen und hier reinzulesen!


Martin Schörle, Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten / Einladung zum Klassentreffen, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2016


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