Halligalli on the Rocks – Annie Kay

Cover Halligalli

»Da sieht man es wieder: ist man zu nett zu euch Frauen, ist man gleich ein Weichei. Ist man ein bisschen … «, Christoph suchte nach dem richtigen Wort, fand es aber nicht. »Also, ihr wisst schon, was ich meine. Dann ist man gleich ein Macho-Arschloch. Man kann es euch einfach nicht recht machen.«

– Halligalli on the Rocks, Christoph, Seite 75

Klappentext:
Was wäre, wenn der Prinz nicht auf einem weißen Pferd herbeireitet, sondern in Köln vor seinem PC sitzt und freche Emails schreibt?
Sabrina »Bri« Neumann, 34 und erfolgreiche Journalistin, stellt sich diese Frage natürlich nicht. Erst, als ihre beste Freundin beschließt, den Mann fürs Leben im Internet zu suchen, beginnt auch Bris abenteuerliche und aufregende Suche nach Mister Right. Dabei begegnen ihr Männer, von denen sie bisher dachte, dass sie im realen Leben nie existieren würden – sie trifft auf Karnevalsprinzen, Heilpraktiker und Medizinstudenten, die nur auf den ersten Blick perfekt wirken. Und alle Abenteuer müssen beim Drink des Monats in Bris Lieblingscafé mit ihrer besten Freundin erörtert werden – und interessieren nicht nur diese brennend…



Positiv:

Zu Beginn dachte ich noch, dass Sabrina mit ihrer Art nicht wirklich heraussticht und sie Oberflächlichkeiten hinterherrennt. Und das Steffi mit ihrer offenen Art schnell nervig wird. Aber schnell wird klar, die Figuren und das Buch besitzen Humor und Selbstironie. Es wird mit Stereotypen und Klischees gespielt und diese gekonnt ausgenutzt, um zu zeigen, dass perfekt nicht immer gleich perfekt bedeutet und der Blick ins Innere sehr enttäuschend sein kann, obwohl die Hülle einen guten ersten Eindruck hinterlassen hat. Und will man diese Perfektion am Ende auch haben, oder besitzen gerade die Schwächen einer Person ihren Reiz?

Die Botschaft, wenn man sie so bezeichnen will, gefällt mir ganz gut. Gerade im heutigen Zeitalter des Internets, sucht man vielleicht in den falschen Ecken und übersieht so sein Umfeld. Gerade im Bezug darauf, fand ich das Ende sehr gut!

Steffi als Charakter und beste Freundin empfand ich im Laufe des Buches als gute und heitere Seele. Sie verkörpert irgendwie diesen einen Prozent, bei dem alles völlig überstürzt kommt und am Ende dennoch alles perfekt verläuft. Den Kontrast mag ich.

Auch der Humor hat mich mitgenommen. Die Situationskomik und die teilweise irrsinnigen Dialoge oder diversen Randkommentare von den Charakteren, die Sabrina bei ihren wilden Geschichten zuhören, haben mich mehr als einmal zum Schmunzeln und Lachen gebracht. Man hat sich nach jedem Kapitel gefragt, wie Sabrina ihrer Suche noch eines drauf setzen will und wann endlich die Kirsche auf den wahnwitzigen Eisbecher der Kuriositäten gesetzt wird.


Negativ:

Die Zuneigung zu einer gewissen Person kommt für mich etwas plötzlich und aus dem Nichts und wird etwas zu schnell etwas zu dramatisch für meinen Geschmack. An der Stelle habe ich ein wenig den Bezug verloren. Was auch daran liegt, dass viele Charaktere etwas blass bleiben. Aber vielleicht fällt das auch unter: Erst, wenn es weg ist, weißt du, dass du es brauchst.

Womit ich als eher introvertierter Mensch meine Probleme hatte, waren die detaillierten Erzählungen von Sabrina, bei denen ich mich mehrfach gefragt habe, ob man solche Dinge in der Öffentlichkeit derart ausschlachtet. Das sind Dinge, über die ich nicht mal mit meiner Freundin bei einem Mädelsabend zu zweit reden würde, weil privat. Auf der anderen Seite entwickelt sich Sabrina gerade durch diese Erzählungen in ihrer Persönlichkeit weiter. Da es für mich eher befremdlich war, setze ich es dennoch unter den Punkt „Negativ“.


Fazit:

Das Buch ist seinen Griff im Buchhandel auf jeden Fall wert und ich wurde definitiv sehr gut unterhalten. Gerade die Komik in den Situationen und die recht peinlich angehauchten Gespräche im Café des Vertrauens und die Randkommentare von den anderen Figuren zu Sabrinas wilden Geschichten, sind für mich ein Highlight des Buches. Man erwartet hinter jedem Absatz eine neue Peinlichkeit oder einen neuen pseudoschlauen Vorschlag oder eine Idee, die schon von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.  

Zwar erscheinen die übertriebenen Geschichten zum Teil sehr aus der Luft gegriffen, und erwecken damit den Anschein, als musste die nachfolgende Geschichte noch abstruser als die Männergeschichte davor sein. Das Buch scheint aber bewusst auch mit diesem negativen Männerbild zu spielen und wird nicht nur einmal auf den Arm genommen. Nicht selten hat ein Charakter genau das ausgesprochen, was ich mir gedacht habe. Hier hätte ich mir vielleicht noch etwas mehr Selbstironie auf der weiblichen Seite gewünscht.

Den Stil, die Handlung hauptsächlich als nacherzählten Dialog zu erfahren, statt aktiv dabei zu sein, muss man ebenfalls mögen. Es hat etwas von Tagebucheinträgen. Mir hat das durchaus gefallen und ich fand die Idee witzig.


Halligalli on the Rocks, Annie Kay, Piper Verlag GmbH, München, 2020


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