Morgenrotschimmern: Finsternis im Licht – Kristina L. Sey –

Cover Morgenrotschimmern

»Nach wenigen Minuten hatte sie ihre peinliche Aktion vergessen und döste beim Zusehen des Spiels fast ein, bis sie einen Mann entdeckte, der im tiefsten Schatten neben der Tribüne stand. Still wie eine Statue rührte er sich nicht und schien Sera zu beobachten. Etwas, tief in ihrem Inneren, gab ihr zu verstehen, dass sie diesen Mann kannte. Sie hatte ihn schon so oft gesehen. Irgendwo. Irgendwann.«

Morgenrotschimmern: Finsternis im Licht, Seite 10 -11

Inhaltsangabe:

Sera ist eine normale High-School Schülerin. Davis ist ein normaler Student. So denken die beiden zumindest. Doch wie das Schicksal es so will, bedroht eine dunkle Macht bald ihre Heimat, Lakewood, und die beiden müssen feststellen, dass sie nicht so normal sind, wie sie angenommen haben. Denn schon liegt es an ihnen, sich diesem Bösen entgegenzustellen.
Und während das Böse damit beschäftigt ist, seinen bösen Taten nachzugehen, müssen Sera und Davis herausfinden, wer sie wirklich sind. Denn was hat es mit der Magie auf sich, die sie beherrschen? Woher kommen sie und was will das Böse eigentlich von ihnen?
Sera und Davis müssen lernen zusammen zu arbeiten und ihre Fähigkeiten zu beherrschen und kommen sich dabei immer näher.



Mein Eindruck:

 Das Buch besticht durch eine gute Idee und es wurde viel Mühe in Wortneuschöpfungen und auch in kleine recht niedliche Details gesteckt. Was ich immer schön finde, gerade in Fantasy-Büchern, sind neue Worte und erfrischende Zusätze und Details, die eine Welt füllen. Dafür bekommt das Buch auf jeden Fall einen Pluspunkt.

Die Handlung umfasst zwar eine recht genretypische Story, was aber durchaus seinen Reiz besitzt. Sie bietet auf jeden Fall großes Potential etwas Eigenes und Spannendes daraus zu machen.


Allerdings bleibt es für mich bei dem Potential, denn für mich wurde so einiges verschenkt. Das beginnt für mich bei Rechtschreibung und Grammatik und endet bei Logik. Es gibt im kompletten Buch kaum eine Seite, auf der kein Rechtschreib- oder Grammatikfehler zu finden ist. Seien es fehlende Kommata, oder zu viele von selbigen, verdrehte Satzbezüge oder falsche Zeitformen, Halbsätze und fehlende Verben oder schlicht falsch geschriebene Wörter. Und auch, wenn ich kein Problem damit habe, wenn es mal mit vorkommt und ich in der Regel auch darüber hinwegschaue, lassen einen vor allem die Zeitformen stolpern.

Ich stehe auch ein wenig auf Kriegsfuß mit der Sprache des Buches. Gerade das Derbe bezüglich der Sex-Szenen und allem, was damit zu tun hat. Da fallen mehrfach Begriffe wie „fickte sie“ und „Schlampe“, „Bonzen-Karren“ oder „Schlauchbootlippe“. Da die Begriffe nicht von Figuren gesprochen, sondern vom Erzähler verwendet werden, reißt diese „Umgangssprache“ hin und wieder aus dem Lesefluss. Es gibt so viele deutsche Wörter, dass ausgerechnet auf diese zurückgegriffen wurde, finde ich etwas schade. Das hat etwas von einem gewollten Jugendslang. Der Humor wirkt dadurch auch sehr kindisch. Er wirkt konstruiert und in die Geschichte hineingepresst und deshalb nicht unbedingt witzig. Vielleicht bin ich zu alt für das Buch und gehöre eher zum oberen Altersdrittel der Leser. Ich hatte mehrfach den Eindruck, dass ich zu viel denke beim Lesen und deshalb meine Schwierigkeiten mit Humor und Sprache habe.

Also klammere ich die Sprache auch mal aus und sehe darüber hinweg. Worüber ich jedoch nur schwer hinwegsehen konnte, waren die Logikfehler. (Achtung: Spoiler, wenn ich mich auch hauptsächlich auf den Anfang des Buches beschränke und nichts storyrelevantes verrate 😉 )

Seras Mutter z.B. wird mehrfach als Helikoptermutter bezeichnet, aber das Einzige, das in diese Richtung geht, ist das penetrant lästige Einmischen in die Beziehung zwischen Sera und Davis oder in Seras „Körpererkundungen“. Aber das allein macht für mich keine Helikoptermutter aus. In Amerika ist es fast Gang und Gebe, dass Eltern ihre Kinder zur Schule fahren, und obwohl ein Serienmörder die Runde macht, denkt die Mutter nicht daran. Davon abgesehen, dass Sera nach der Schule und nach ihrer AG einfach allein in der Turnhalle zurückgelassen wird. Die Lehrer interessiert es nicht, die beste Freundin geht einfach und auch die umsorgte Mutter denkt nicht daran sie abzuholen. Als Helikoptermutter müsste sie eigentlich ein extrem wachsames Auge auf schulische Leistung, schulische Arbeit, körperliche Aktivität, Kleidung, Nahrung und den Freundeskreis haben. Zumal die Familie auch „nur“ in einem mittelständigen Viertel lebt, obwohl ihre Mutter Staranwältin ist und ihr Vater für ein Musiklabel arbeitet. Im Grunde finde ich das gut, weil man doch zu viele Bücher und Geschichten liest, wo die Protagonisten reich sind. Aber allein wegen der Mutter und um Seras Schutz zu gewährleisten, müssten diese theoretisch das Grundstück neben dem von Davis‘ Familie haben. Staranwälte in Amerika haben meist Villen und fahren teure Wagen, weil diese Anwälte sich nicht mehr mit kleinen Fällen aufhalten, sondern mit den großen Fällen arbeiten. (Sonst wären es keine Staranwälte) Nicht nur, könnten sie es sich dann leisten, sondern der Schutz eines solchen Viertels wäre auch viel größer. Nicht nur für Sera, sondern eben auch für die Mutter als Anwältin in sicherlich medienreißerischen Fällen.

Womit wir auch beim nächsten Punkt sind: NIEMAND wirklich NIEMAND interessiert sich für diesen Serienmörder, der in der Stadt sein Unwesen treibt. Es wird zwar ab und an mal erwähnt, aber irgendwie immer nur, wenn es gerade passt. Denn niemand hat Angst im Dunkeln draußen herumzulaufen, allein zu sein, oder denkt daran, wenn irgendwas Gruseliges passiert. Dadurch entsteht nicht der Eindruck, dass es zum Buch gehört, sondern nur eingeführt wurde, um dem Bösen ein Gesicht zu geben, damit man als Leser merkt, dass die irgendwas machen. Aber es hat keine Auswirkung und könnte genauso gut gestrichen werden, ohne, dass es einen Einfluss auf den Verlauf der Geschichte hätte.

Das Ende und das eigentliche Drama, das hätte entstehen sollen, kam bei mir nicht an, da es sich schlicht viel zu lang zieht, als das man dann noch mitfiebern würde. Zumindest ging es mir so. Und das ist auch ein „Problem“, das ich beim Lesen immer wieder hatte. Denn man merkt immer, dass Spannung erzeugt werden soll, aber irgendwie schafft es der Text nicht mich zu fesseln. Was sehr schade ist. Denn es liegt nicht einmal an der Handlung an sich, sondern viel mehr daran, dass das Buch unglaublich gut darin ist, sich selbst zu spoilern. So erfährt man bereits sehr früh im Buch, einige Dinge, die erst später relevant werden. Der Leser weiß es weit vor den Figuren und ist demnach nicht mehr überrascht, wenn es aufgelöst wird. Sowas kann durchaus neugierig machen, aber ich finde, es ist nicht entsprechend umgesetzt.

Die fehlende Spannung kommt für mich aber auch daher, dass Figuren seltsam handeln. Das Böse quasselt die ganze Zeit, wie böse es ist, macht aber nicht wirklich irgendwas Böses, außer irgendwelche Leute umzubringen, für die sich – wie oben schon gesagt – niemand interessiert. Aber auch das Gute redet immer nur davon, dass das Böse böse ist, aber unternimmt aktiv auch nichts. So gibt es unglaublich viele Stellen, in denen sowohl das Gute einfach mal alles beenden könnte, aber auch das Böse hat mehr als genug Chancen.

Außerdem sind für meinen Geschmack die Figuren viel zu überzogen dargestellt. Das wäre noch nicht mal ein negativer Punkt, wenn es seinen Charme hätte. Absichtlich überzogen und damit witzig oder selbstironisch wäre völlig in Ordnung gewesen. Ich habe mich allerdings sehr schwer damit getan, für eine Figur Sympathie oder Mitgefühl zu empfinden. Irgendwie wurde nichts übertragen. Die Kerle sind pervers oder Mistkerle und die Frauen dumm wie drei Meter unbeleuchteter Feldweg.

Sera und Davis haben für mich auch nur wenig Reiz entwickelt. Sera ist die meiste Zeit damit beschäftigt heulend irgendwo allein in der Gegend herumzustehen und das Böse nutzt diese Chancen nicht sie zu töten, sondern sie nur von der Seite vollzureden. Obwohl es keinen triftigen Grund dafür gibt. Davis‘ Charakter besteht im Grunde nur aus Sera beschützen, mit Sera schlafen wollen, aber irgendwie auch nicht, Sera, Sera und nochmals Sera. Ich weiß nicht, ob ich mit meinen 23 Jahren zu alt für Kosenamen bin, aber für mich hat es nichts mit Romantik zu tun, wenn Davis innerhalb von einem Gespräch Sera mit gefühlt 20 verschiedenen Kosenamen bewirft. Ich weiß, dass viele das gut finden und so auch gerne lesen. Ich finde das auch hin und wieder ganz süß. Aber hier passt das für mich nicht zu einem 20-Jährigen Footballspieler. Irgendwie kastriert das alle Männlichkeit.

Das Buch springt gefühlt nur von einer sexuellen Szene in die nächste. Davis und Sera sind natürlich die Hauptfiguren, aber außer denen scheinen die Nebenfiguren selbst nichts auf die Reihe zu bekommen. Es wäre gar nicht so schlimm, wenn die Charaktere noch andere Themen hätten als Sex. Es wird darüber gesprochen und darüber nachgedacht. Das komplette Buch über. Dadurch rückt die eigentliche Handlung sehr in den Hintergrund. Ich bin nicht der Romantik-Typ, lese aber dennoch gerne mal einen Liebesroman und mittlerweile hat man es ja sowieso in jedem Fantasy-Roman drin. Aber es geht im Grunde um nichts anderes als Sex, was es nicht romantisch macht! Die eigentliche Handlung wird irgendwo im Hintergrund erzählt und erscheint mehr als schmückendes Beiwerk. Was wirklich sehr schade ist.

Einer der größten Fantasy-Aspekte ist ja das Magiesystem. Allerdings macht das für mich keinen Sinn. Wozu die beiden je zwei Elemente besitzen, erschließt sich mir nicht, da es ihre Magie offenbar auch erlaubt, alles andere zu tun. Was haben Teleportation, Visionen oder Zeug aus dem Nichts herbeizaubern mit Feuer oder Wasser zu tun? Wie funktioniert deren Magie?

Auch das System der Welt hat für mich mehr Fragen und Lücken aufgeworfen, als das es sie beantwortet hat.


Fazit:  

Wie gesagt, finde ich die Idee an und für sich nicht schlecht, wenn auch nicht neu, aber man hätte sehr viel mehr daraus machen können. Das Rad neu erfinden, ist im Grunde fast nicht mehr möglich, und die eigenen eingebrachten Ideen gefallen mir auch super. Aber die Umsetzung schwächelt meines Erachtens gewaltig.

Offensichtlich falsche Wörter werden im Buch konsequent falsch geschrieben, was den Eindruck erweckt, als musste es absichtlich falsch sein.

Der Fantasy-Aspekt geht irgendwie hinter den ganzen sexuellen Szenen und sexuellen Anspielungen verloren und bewegt sich irgendwo nebenher.

Es fehlt mir schlicht und ergreifend die Spannung der Geschichte. Dadurch, dass keine Partei etwas wirklich Endgültiges macht (vom Ende mal abgesehen) oder etwas Storytreibendes, fiebert man einfach nicht mit. Es plätschert so dahin.

Auch das Ende hat mich nicht wirklich überzeugt. Es erzeugt nicht die Spannung, die wohl beabsichtigt war. Es wird zu lange vor sich hergeschoben und ist viel zu künstlich konstruiert. Das Ende hätte nicht sein müssen.


Morgenrotschimmern: Finsternis im Licht, Kristina L. Sey, Wreaders Verlag, Band 37, Deutsche Erstausgabe 2020


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