»Was auch immer ihr über Caraval gehört habt, es kommt der Wirklichkeit nicht einmal nahe. Es ist mehr als nur ein Spiel oder eine Vorstellung. Es ist das, was der Magie in dieser Welt am nächsten kommt.«
– Annalise, Caraval, Seite 23
Klappentext:
Scarlett lebt in der Obhut ihres gewalttätigen Vaters auf einer abgeschiedenen Insel. Sie sehnt sich danach, die Heimat zu verlassen und an dem legendären Spiel Caraval teilzunehmen, das die magische Erfüllung von Wünschen, Abenteuer und Freiheit verspricht. Als Scarlett vor ihrem Vater flieht und Caraval zum ersten Mal betritt, fühlt sie sich am Ziel ihrer Träume. Doch etwas Dunkles und Geheimnisvolles umgibt das verzauberte Spiel. Ist Caraval wirklich das, was Scarlett sich erhofft hat? Plötzlich befindet sie sich mitten in einer Welt, in der es um Leben und Tod geht.
Scarlett lebt gemeinsam mit ihrer Schwester Donatella bei ihrem Vater auf der Insel Trisda. Um vor dem gewalttätigen Mann zu flüchten und sich und ihre Schwester in Sicherheit zu bringen, lässt sie sich auf die Verlobung mit einem Grafen ein, den sie noch nie gesehen hat und nur über Briefe kennt. Dennoch glaubt sie, ihn lieben zu können, scheint er charmant und freundlich.
Aber es soll anders kommen. Scarlett erhält einen Brief vom Caraval-Master Legend. Dieser veranstaltet auf seiner privaten Insel regelmäßig Spiele und deren Gewinn in diesem Jahr: Ein Wunsch. Scarletts Schwester sieht in diesem sofort die Möglichkeit vor ihrem Vater zu flüchten und versucht Scarlett zu überreden. Doch diese glaubt nicht daran, dass sie auf diese Art wirklich von ihrem Vater loskommen, erscheint es ihr zu schön um wahr zu sein.
Dennoch: Für Donatella ist es die Chance endlich zu entkommen, weshalb sie Hilfe bei dem Seemann Julian sucht. Gemeinsam entführen sie Scarlett.
Als Scarlett erwacht, ist sie schon mitten in Caraval und von nun an hat sie fünf Tage Zeit ihre Schwester, die auf geheimnisvolle Weise verschwunden ist, zu finden. Aber sie ist nicht die Einzige, die nach ihr sucht, denn auch die anderen Spieler haben es auf sie abgesehen. Denn Donatella ist das diesjährige Ziel des Spiels.
Immer an ihrer Seite bleibt dabei der gutaussehende und geheimnisvolle Julian, der sie versucht zu unterstützen.
Caraval scheint ein Spiel voller Intrigen und Verrat. Was geschieht wirklich um Scarlett herum? Hat sie ihren Vater tatsächlich das letzte Mal gesehen? Kann sie ihren Gefühlen und Augen trauen?
Eine Geschichte, die sowohl auf den ersten als auch auf den zweiten Blick sehr träumerisch und bunt erscheint. Durch den Schreibstil, bei dem immer wieder Farben, Gefühle und Gerüche miteinander vergleichen werden, wirkt alles sehr malerisch und bildlich. Man gewinnt einen schönen Einblick in die Vorstellung der Protagonistin von der Welt.
Der Stil zieht sich wie ein roter Faden durch das ganze Buch und verdeutlicht sogar die Entwicklung der Hauptfigur. In diesem Zusammenhang seien auch die recht lockeren und leichten Dialoge erwähnt. Bis auf einige wenige Stellen sind diese sehr gut durchdacht und machen nicht den Anschein, als hätte sich irgendwer verstellt.
Mit viel Magie und Farbe wird eine Welt gezaubert, die sowohl träumerisch als auch tödlich wirken soll. Ein Aspekt, der der Autorin auf jeden Fall gelungen ist. Denn gerade die Idee mit Wünschen, Ängsten oder Lebenstagen zu zahlen anstatt mit Geld, fand ich sehr schön und die Umsetzung auch recht witzig.
Auf den ersten Blick wirken die Charaktere sehr klischeelastig, aber der Leser wird immer wieder auch von Gegenteil überzeugt. Jeder hat seine Schwächen und besonderen Fähigkeiten, die verdeutlichen, dass die Autorin einiges an Mühe investiert hat.
Die Charaktere haben für mich auf jeden Fall einen Wiedererkennungswert.
Die Handlung um das eigentliche Spiel Caraval kommt für mich etwas zu schwach, weil es immer wieder von Schwärmereien und Turteleien zwischen den beiden Hauptfiguren unterbrochen wird. Immer wieder wird betont, wie viele Sorgen sich Scarlett um ihre kleine Schwester macht, aber bei mir als Leser kommt diese Sorge nicht an, klebt sie mit ihren Gedanken keine zwei Sätze später schon wieder bei Julian. Es scheint, als hätte sie nichts anderes im Kopf, als sein gutes Aussehen und ihre eigentliche Abneigung für ihn.
Dadurch plätschert die Handlung hauptsächlich zwischen Julian und Scarlett hin und her.
Für mich kommt dadurch nicht die nötige Spannung auf.
Ein Kritikpunkt, der mir auch noch auf der Seele brennt, ist trotz dessen, dass sie bei »Positiv« schon erwähnt wurden: Die Charaktere:
Man hätte mehr aus ihnen herausholen könne. Sie bleiben doch sehr schlicht und in ihrem Klischee gefangen. Gerade Julian stößt mir immer wieder schwer auf. Er hat eine Charakterentwicklung, die ich nicht nachvollziehen kann. Irgendwie habe ich es während den ganzen 400 Seiten nicht geschafft, eine Bindung aufzubauen. Man soll Julian misstrauen aber ich habe den Eindruck, die Autorin will viel zu sehr, dass man ihn trotz dessen sympathisch findet und das kommt irgendwie gar nicht an.
Ich muss sagen, ich stehe dem Buch wirklich zwiegespalten gegenüber.
Auf der einen Seite hat man diesen wunderschönen Schreibstil und auch eine interessante Charakterentwicklung – zumindest, was die Protagonistin betrifft -, aber es haut mich einfach nicht um. Trotz der ganzen Magie, der schönen Sprache, der erdachten Welt, des interessanten Spielprinzips und des durchdachten »Stücks« und der lockeren Dialoge.
Gemäß der Inhaltsangabe habe ich mit einem spannenden Spiel gerechnet und natürlich auch mit Verrat. Gerade letzteres bekommt man jedoch derart oft um die Ohren geworfen, dass es irgendwann recht lächerlich wirkt und ich nur noch gewartet habe, welche Ausrede denn nun als nächstes kommt.
Tatsächlich bekommt man einen Liebesroman vorgesetzt, bei dem man schon ganz zu Beginn weiß, wie es ausgehen wird. Was ich grundsätzlich nicht als schlimm empfinde, geht es immer um das Wie. Der Klischeeplayboy und die sture aber ahnungslose Heldin. Für mich geht anfänglicher Hass zu schlagartig und zu wenig nachvollziehbar in Liebe über. An der Stelle fehlt mir persönlich die nötige Entwicklung.
Generell bieten die Figuren viel Potential und so wie sie jetzt dastehen, sind sie auch durchaus interessant, aber man hätte dieses Potential noch mehr ausschöpfen können. Sie sind trotz allem arg schlicht und auch berechenbar geblieben. Gerade, was eben die Beziehung der beiden Hauptcharaktere angeht. Angesprochen es es mich dadurch leider nicht.
Die Spannung kommt zwar erst nach der ersten Hälfte des Buches wirklich auf, dafür habe ich im letzten Drittel dann sogar mitgefiebert. Und das Ende hat mich dann doch überrascht, habe ich nicht damit gerechnet, aber wirklich gepackt hat es mich dann auch nicht. Für mich passt es schlicht nicht zum Verlauf des Buches und wirkt zu sehr dahin konstruiert. Wie der Hase aus dem Hut. Zwar befinden wir uns in einem Fantasy-Roman und es ging von Anfang an um die Erfüllung eines Wunsches, aber mMn kommt die Wirkung dessen überhaupt nicht durch.
Aber alles in allem: Ein sehr schönes Buch! Wenn man darüber hinweg ist, dass es sich eher um eine Liebesgeschichte als um spannungszerfetzende Action handelt, und man gern etwas Romantik lesen will, hat man einen stilistisch hochwertigen Roman vor sich liegen. Wer aber ein Spiel auf Leben und Tod mit viel Action erwartet, wird hier enttäuscht.
Deutsche Erstausgabe: 2017, ivi Imprint der Piper Verlag GmbH, Originaltitel: Caraval